„Mein 13jähriger Sohn ist zu lieb“, äußert sich eine Mutter aus Dortmund besorgt. „Alle Versuche, ihn etwas frecher zu kriegen, sind bis jetzt gescheitert.“ Eine Situation, um die sie sicherlich einige der über 220 teilnehmenden Eltern, Lehrerinnen und Lehrer an der digitalen Infoveranstaltung „Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden …“ der Katholischen Elternschaft Münster (KED) im Bistum Münster e.V. beneiden. Wenn die Pubertät einsetzt und die Zuwendung der Kinder versiegt, verunsichert das viele Eltern zutiefst. Das erklärt auch vielleicht, dass sich Interessierte auch aus den Bistümern Hamburg, Paderborn und Aachen zugeschaltet hatten, um der Referentin Katja Artelt, LifeCoachin und Autorin, zuzuhören, was sie in Sachen Pubertät zu sagen hatte.
„Pubertät ist eine wichtige Phase, um Abgrenzung zu lernen“, erklärt die Mutter von zwei Söhnen. „Das, was Sie erzählen, habe das auch bei meinem Ältesten erlebt. Nach der Trennung von meinem Partner, wollte er, dass Mama glücklich ist und war sehr lieb und brav. Ich habe ihm gesagt, dass ich es wichtig finde, dass er sich abgrenzt und auch einmal nein sagt. Ich weiß ja, wie wichtig das mit dem Abgrenzen ist. Das hat er dann schneller umgesetzt, als mir lieb war“, erzählt Artelt lachend.
Kinder werden heute schneller reif als in früheren Generationen. Gleichgeblieben ist aber die Frage, wie Eltern ihren Nachwuchs am besten durch die Phasen der Vorpubertät und der Pubertät begleiten. „Die Vorpubertät ist die Zeit zwischen dem achten und 13. Lebensjahr, wenn Ihr Kind von einem süßen Fratz zu einem ´ich weiß alles besser Kind mutiert`. In der Pubertät werden wir Eltern dann komisch und uncool.“ Einer Phase der Selbstfindung und der Abgrenzung durch Provokation. Und dennoch: „auch der pickselige Kaktus will geliebt und umarmt werden. Gerade jetzt sind die Eltern wichtig“, betont die 49Jährige.
Jugendliche seien oft überfordert und auf Unterstützung angewiesen. Sie leben in der Diskrepanz zwischen Cool und verunsichert sein. „Bei den Kindern verändert sich in sehr kurzer Zeit sehr viel.“ Körper und Gehirn durchlaufen anstrengende Umwälzungsprozesse. „Und insgeheim bitten sie: Liebe mich bitte trotzdem. Ich muss mich lösen, meinen Platz in meiner Peergroup finden. Das ist sehr wichtig für mich. Dafür muss ich Raum schaffen. Deswegen stoße ich dich, Mutter oder Vater, weg, aber trotzdem bist du für mich wichtig. Habe Geduld mit mir, einen langen Atem“, bringt Artelt das Gefühlschaos der Pubertiere auf den Punkt. Leichter gesagt, als getan.
Ihr Tipp: „Trennen Sie zwischen der Persönlichkeit, Ihrem geliebten Kind, und dessen Verhalten, dass anstrengend ist, Sie stört und herausfordert und worüber Sie gerne mit Tochter oder Sohn reden möchten.“ Die gebürtige Münsterländerin bricht dabei eine Lanze für die ´Ich-Kommunikation`. „Oft höre ich, dass konfrontativ miteinander gesprochen wird: du bist frech, so sprichst du nicht mit mir. Das führt zu nichts und bewirkt das Gegenteil dessen, was man erreichen möchte.“ Die Eltern werden vom Lenker zum Berater. Dabei gelte es, nicht die eigene Meinung überzustülpen, sondern lernen zuzuhören.
„Und schützen Sie Ihr Kind vor sich selbst. Setzen Sie Grenzen bei Alkohol und Drogen. Das entlastet die Jugendlichen, wenn sie im Freundeskreis sagen können, dass die Eltern den Konsum verboten hätten. Zeige Sie Ihrem Schützling, wie das Leben geht, wie man den richtigen Job findet. wie auch den richtigen Umgang mit dem eigenen Körper, in Sachen Liebe und Sexualität. Und lassen Sie Ihr Kind eigene Erfahrungen sammeln, sich ausprobieren.“ Das bedeute, den Spagat hinzubekommen, einerseits Halt zu geben und gleichzeitig loszulassen. „Entwickeln Sie Verständnis für Ihr Kind.“
Marie-Theres Kastner, Diözesanvorsitzende der KED im Bistum Münster und Moderation, bedankte sich bei Frau Artelt am Ende der Veranstaltung und sprach wohl vielen Anwesenden aus dem Herzen als sie sagte: „ Ich wäre froh gewesen, wenn ich eine so taffe Beraterin gehabt hätte, als meine Kinder durch die Pubertät gegangen sind. Ich war glücklich, als das Umformatieren durch war.“